Freitag, 21. November 2014

Das böse Geschlecht steht fest!

Teil I: Das böse Geschlecht steht fest! Anmerkungen zum Psychothriller Eiskalter Plan, der am 2.3.2015 edscheint Ob es der böse Mörder ist oder der hinterlistige Betrüger, sei es in Serien oder Spielfilmen – Männer sind die Bösen. Dieses Bild überträgt sich auch in die Realität. Ein Plädoyer, die TV-Macher und ihr Medium, das zunehmend Männer als gefährliche Trottel denunziert, kritisch zu hinterfragen. Essen, eine kleine baumgesäumte Straße in einer gutbürgerlichen Gegend, an einem Donnerstag spätabends kurz vor elf: eine Frau steigt aus einem gerade eingeparkten Auto und stöckelt müde etwa zehn Meter vor mir den Bürgersteig hinunter. Da ich schneller gehe, komme ich ihr näher, sie hört meine Schritte, dreht sich kurz um und beschleunigt ihren Gang. Dennoch habe ich sie bald eingeholt und setze zum Überholen an, da schert die Frau nach rechts aus, bleibt stehen, dreht sich seitlich zu mir um und faucht mich an: was wollen Sie von mir? Ich schreie! Sie ist schätzungsweise Ende vierzig, schlank aber kräftig gebaut, fast einen halben Kopf größer als ich. Völlig verkrampft greift sie mit einer Hand in die Umhängetasche, womöglich zu einem Pfefferspray. Ich bin schon an ihr vorbei, halte erschrocken für Sekundenbruchteile inne und zeige dann beschwichtigend auf den übernächsten Hauseingang: Ich wohne da vorn. Kopfschüttelnd gehe ich weiter und wende mich dann doch noch einmal um: „Ich glaube, Sie sehen zu viel fern.“ Es ist noch nicht lange her, da musste einer der renommiertesten Sexualforscher Deutschlands in dieser Zeitung antreten, die größte Verleumdungskampagne der jüngeren Geschichte einmal mehr zu widerlegen: Gerhard Amendt ist es zu verdanken, wenn eine konsenssedierte Öffentlichkeit hin und wieder aus ihrer feministischen Narkose gerissen wird und sich fragen lassen muss, wie lange sie noch den Slogan "Männer sind Schweine" hinnehmen will. Seit dreieinhalb Jahrzehnten werden Männer pauschal als Schweine diffamiert – warum ausgerechnet Schweine, fragt man sich. Wölfe hingegen, überhaupt Raubtiere hätten doch viel besser zum Fahndungsprofil der Schläger, Mörder und Vergewaltiger gepasst, nein es mussten Schweine sein. In der antiken Mythologie war es nur Kirke, einer Zauberin und unwiderstehlichen Verführerin gegeben, Männer in Schweine, d.h. in willige, anhängliche, nützliche Haustiere zu verwandeln. Man muss kein Psychoanalytiker sein, um den transgenen Indikativ ("M sind S") als verkappte Beschwörungsformel von Amazonen zu lesen, die, jeglicher erotischen Verwandlungsmacht verlustig – und welche militante Feministin hätte jemals einen Mann "bezirzt" –, auf diese Weise ihre narzisstischen Allmachtsfantasien ausagieren. Man wird einwenden, dass auch dieses Fantasma – wie alle seit Beginn der Hochkulturen kursierenden, mythopoetisches Männerwerk ist und womöglich nicht den aktuellen Stand des weiblichen Unbewussten repräsentiert; doch dann müssten wir annehmen, dass die Hohepriesterinnen des Hasses ihren Kampfruf nicht nur ernst, sondern auch wörtlich gemeint haben. In diesem Fall bietet sich eine andere, eine historische Referenz an. Im Mittelalter bezeichnete man Schweinehirten, die in den Klöstern die Ferkel kastrierten, als "Schweinepriester". Der Volksmund schloss daraufhin "kastrieren" und "predigen" kurz und bezeichnet seitdem Menschen, die penetrant unflätig daherreden, ihre Adressaten also mindestens symbolisch kastrieren ("fertigmachen") möchten, als Schweinepriester. Männer zu Schweinen zu erklären, heißt demnach nichts anderes, als sie zur Kastration freizugeben – und entsprechende Taten (wie die von Amendt dokumentierten) a priori zu rechtfertigen. Kastrieren ist ja allemal einfacher als Verwandeln, man braucht nur eine scharfe Klinge und eine gehörige Portion Hass gemischt mit Verachtung fürs andere Geschlecht. Nun spricht einiges dafür, dass die feministische Hassbotschaft, die immer seltener zu hören ist, ihre Adressatinnen nie wirklich überzeugt hat, jedenfalls nicht in statistisch relevanter Anzahl. Die Übernahme einer solchen Diskriminierungsoptik hätte den täglichen Umgang zwischen den Geschlechtern nahezu unmöglich gemacht. Doch das hieße die Erosionswirkungen einer Langzeitkampagne zu unterschätzen: schleichende Gifte machen bekanntlich immun, z. B. gegen sinnliche Evidenz und Weltvertrauen, der Mensch wird schließlich nicht als Paranoiker geboren, selbst als Frau nicht. Man nehme zum Beispiel die kranke Fantasie von Drehbuchautoren, Regisseuren, Fernsehredakteuren und verantwortlichen Programmachern – es sind dieselben, die sich rund ums Jahr bei Preisverleihungen (von der Goldenen Kamera bis zu Adolf Grimme) für ihre Ausnahmeproduktionen feiern lassen: Ist es wirklich purer Quotenzwang, dass jeden Abend und nicht selten auch tagsüber auf jedem Kanal betrogene, geschlagene, verfolgte, verschleppte, verkaufte, verstümmelte, vergewaltigte und ermordete Frauen vorgeführt werden – Zehntausende jährlich bei einem durchschnittlichen TV-Konsum von 4 Stunden pro Tag? Doch nehmen wir einmal an, der organisierte Wahnsinn sei tatsächlich der Quote geschuldet: was sagt das über die kranke Erwartungshaltung der Konsumenten aus? Und was über die Konditionierungen einer Mediengeschichte, die seit Jahrzehnten und in zunehmendem Maße auf diese Horroreffekte setzt. Und rechnen nicht inzwischen Zuschauer beiderlei Geschlechts permanent mit Nachrichten, die bestätigen, was offenbar universeller Konsens ist: Männer sind Schweine? In Manfred Spitzers Buch "Vorsicht Bildschirm!" kann man nachlesen, wie weit die neurobiologisch und soziokulturell gut belegten, öffentlich immer wieder heruntergespielten Nachahmungseffekte bei Kindern und Jugendlichen greifen: Von den Spiegelneuronen immer und immer wieder aktivierte Potenziale speichern Gewaltoptionen als naheliegende Handlungsmuster ab. Der virtuelle Nachvollzug gleicht einer Simulation, die im Langzeitversuch am Ende der Sozialisation genau den Typ Mann hervorzubringen droht, der sich habituell auf Bildschirmen und Leinwänden zur Volksbelustigung austoben darf. Bei allen, die sich nicht mit dieser Figur identifizieren, in erster Linie also Frauen, sorgt solches Training hingegen auf Dauer dafür, dass die Grenze zwischen Realität und Fantasie allmählich verschleift, bis jeder harmlose Passant in der Dunkelheit als potenzieller Aggressor wahrgenommen wird. Mit einer Schule der Nachahmung und einer des Misstrauens ist der pädagogische Fallout des massenmedial beschworenen Geschlechterkriegs aber noch nicht hinreichend erfasst. Erst eine dritte, eine Schule der Desensibilisierung vervollständigt das nihilistische Spektrum. Eine ihrer Folgen ist der allseits beklagte Empathieverlust angesichts realer Gewalt: das Zögern, Wegschauen und Weitergehen, wo dringend Nothilfe gefordert wäre. Ein anderes Indiz für zunehmende Abstumpfung ist die unmerkliche Steigerung der Gewaltdosis, die sie ausgleichen soll, vom Einsatz der Handkamera (für den sadistischen Täterblick) bis zur Kulinarik von Spezialeffekten (für die drastische Visualisierung etwa von Wundkanälen). Bezeichnend ist in diesem Kontext eine dramaturgische Neuerung: Selbst zur Prime Time wird in Krimis und Thrillern (und längst nicht nur amerikanischer oder schwedischer Produktion) immer häufiger auf das Nonplusultra des Verbrechers, auf den Serientäter zurückgegriffen. Abgesehen von einer spätpubertären Faszination für das Böse rächt sich hier die serielle Machart der immergleichen Plots an den armseligen Visionen der Schreibtischtäter selbst, die im Denken und Handeln ihrer Anti-Helden letztlich die Verkörperung ihres eigenen Metiers inszenieren. Fazit: auch in TV- und Filmstudios müssen Männer das Geschäft der Frauen erledigen, ihre Selbststilisierung als Opfer und die komplementäre Dämonisierung der maskulinen Akteure. Neu ist allenfalls, dass sie sich – ihr Selbst- und Fremdbild – dabei gleich mit erledigen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen